Ernst-Reuter-Platz / Strausberger-Platz – die vorstellungsorientierenden Architekturen des “Doppelten Berlin“

Zur Verschränkung von Architektur und Herrschaft am Ort des Kongresses, der TU Berlin am Ernst-Reuter-Platz

Sa. 12-20 Uhr (genaue Uhrzeit folgt)

Mit Tobias Hönig

Architektur und Ideologie stehen in Wechselbeziehung. Architektur ist immer Ausdruck gesellschaftlicher Verhältnisse, und damit immer – sowohl im Ausdruck als auch in ihrer Wahrnehmung – nur im Zusammenhang eines gesellschaftlichen und individuellen Psychischen verständlich. Ideologie nutzt Architektur bevorzugt als Träger ihrer Botschaft. Deshalb, und um die Möglichkeit der Kritik zu eröffnen, muss ein der Architektur prinzipiell zugehöriger ideologischer Aspekt anerkannt werden. Architektur ohne Ideologie gibt es nicht.

Nirgends wird das Verhältnis von Architektur und Ideologie anschaulicher als in politisch, national, ethnisch oder religiös geteilten Territorien. Weltweit stand Berlin zwischen 1945 und 1989 einzigartig für den ideologischen Aspekt von Architektur. Die geteilte Hauptstadt, das „Doppelte Berlin“, benötigte alle Staats-, Stadt- und Kultur-Bauten zwei mal. In der unterschiedlichen, spiegelbaren Ausformung der Architekturen zeigt sich das Ideologische der Architektur an sich und gleichsam doppelt, in seiner spezifischen Ausrichtung.

Die Nachkriegsplanung des Ernst-Reuter-Platzes, Schauplatz des Kongress, bezieht sich auf ein Pendant im ehemaligen Ost-Teil der Stadt: den Strausberger Platz. Der damals verantwortliche Bausenator Schwedler verwendete dafür den Begriff der „Baugesinnung“. Beide deutsche Staaten würden es sich zutrauen, „die architektonische Form als Träger einer Gesinnung sprechen zu lassen“. Dabei sei „der Rückgriff auf historische Formen und die Orientierung am politischen Partner Sowjetunion“ zunächst einfach, und erlaube „eine nach außen einheitlich wirkende Linie“. Die dem Pluralismus und der Demokratie verpflichtete „neue Baugesinnung“, so Schwedler weiter, gestalte sich weitaus schwieriger.

Tobias Hönig versucht mit Hilfe des Begriffs der „Vorstellungsorientierung“ (nach Christian Posthofen) den  ideologischen Charakter der Architekturen des „Doppelten Berlin“ und dessen Verselbständigung sichtbar zu machen, und somit eine Hilfestellung beim Lesen der Raumproduktion der Berliner Republik an die Hand zu geben.